Die Kunst des Haltens

Shibari trifft Massage

Berührung kann auf viele Arten wirken: Sie kann lösen, mobilisieren, dehnen – aber auch halten, begrenzen und Geborgenheit schenken. In meiner Arbeit als Masseur und Yogalehrer wende ich seit 20 Jahren Techniken an, die den Körper in Bewegung bringen: Durch Druck, Zug und Dehnung wird Gewebe komprimiert, Faszien gelöst und Muskeln entspannt. 

Doch neben der körperlichen Wirkung gibt es einen anderen, ebenso wichtigen Aspekt: das Gefühl, gehalten zu werden.

Auf den ersten Blick erscheinen Massage und Shibari als gegensätzliche Erfahrungen – die eine mobilisiert, die andere fixiert. Doch in beiden Fällen entsteht durch den gezielten Einsatz von Berührung, ob mit Händen oder Seilen ein Moment des tiefen Gehaltenseins.

Wenn ich massiere, spüren meine Gäste nicht nur die mechanische Wirkung der Techniken, sondern auch das Gefühl, in einem sicheren Raum umsorgt zu werden. Durch meine Hände vermittle ich Halt und Präsenz. Ähnlich ist es im Shibari: Das umschließende Gefühl der Seile erzeugt eine intensive Kompression, die paradoxerweise nicht nur Begrenzung, sondern auch Geborgenheit vermittelt. In dieser Begrenzung kann sich eine tiefe Entspannung entfalten – ein Loslassen im Vertrauen darauf, gehalten zu sein.

Bei Kompressionstechniken, in der Massage zum Beispiel, entsteht erst diese tiefe Gefühl des Gehaltenseins und wenn sich das Gewebe im Anschluss wieder ausdehnen und mit frischer Flüssigkeit füllen kann, hat der Massagegast das Gefühl von Öffnung und Weite.

Besonders intensiv erlebe ich selbst diesen Moment des Lösens, wenn die Seile nach und nach entfernt wurden, und sich in meinem Körper eine Welle der Expansion ausbreitet – ein anhaltendes Gefühl von Leichtigkeit.

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